“I had a flashback of something that never existed. This observation provides an explanation for the low affinity of our most informative studies. In the presence of the non-reversible, the product is a potent inhibitor, formed in situ, a direct interaction, an explanation for the tight binding. It is difficult to obtain a value for the turnover. The time resolved experiments, involved strenuous data collection achievable with superb group work. For me, sculpture is the body, my body is my sculpture.” – Louise Guerra, 2016
In ihrer künstlerischen Arbeit setzte sich Louise Guerra mit der Theorie, der Geschichte und der Praxis von Kollektivität auseinander. Sie war einerseits eine fiktive Künstlerin, die sich Gedanken, Formen, Theorien, Methoden und Biographien anderer aneignete, um diese zu überprüfen und neu zur Diskussion zu stellen, andererseits ein Kollektiv, das von 2013 bis 2017 mit Ausstellungen, Publikationen, Performances und weiteren Manifestationen an die Öffentlichkeit trat. Louise Guerra ist eine Figur, deren Praxis auf andere Figuren aus unterschiedlichen historischen Epochen wie Louise Michel, Louise Bourgeois, Louise Nevelson, Louise Glück, Louise Mack oder Louise Lawler verweist, mit denen sie den Vornamen teilt, und die dabei versucht hat, in unterschiedlichen Handlungsräumen aktiv zu werden. In ihrem Atelier standen zunächst Malerei und Autorschaft im Zentrum der Aufmerksamkeit, bald aber wurde deutlich, dass die Interessen von Louise Guerra nach einer neuen künstlerischen Methodik und Praxis verlangten, die auch ästhetische Theorie, Alltagsleben, Politik und Bildung einbezogen. Eine Vorläuferin, deren kollektive Identität Louise Guerra damals begeisterte, ist die Ready-made- Künstlerin Claire Fontaine. Im Kern handelt es sich dabei um den Anspruch, als Künstlerin und Mensch in sozialen Beziehungen leben zu wollen, die mit der künstlerischen Produktion vereinbar sind. Im Chapter 16 ihres Schaffens etwa thematisierte Louise Guerra, was Gemeinschaft jenseits von «shared working space» und «digital communities» bedeuten könnte. In Anlehnung an die als Buch veröffentlichten Robes Poèmes von Sonia Delaunay und Jacques Damase entwarf Louise Guerra für ihr Louise-Kollektiv zwei Kleider, welche die Trägerinnen sowohl Nähe als auch Abhängigkeit erfahrbar machen lassen, da sich jeweils zwei Personen ein Kleid teilen müssen.
Das Louise-Kollektiv im Atelier Amden umfasste vier Personen, die in zwei Kleidern zwei Tage im Atelier Amden verbrachten und dabei zusammen eine Plastik modellierten, zeichneten und malten. Louise Guerra lässt offen, ob das Louise-Kollektiv im Atelier Amden eine zum Leben erweckte Fiktion oder eine Fiktion von Leben ist. Eines der beiden Kleider und die Plastik waren bis 2017 im Atelier Amden ausgestellt.
– Roman Kurzmeyer