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2016

Latifa Echakhch
Roman Kurzmeyer


Latifa Echakhch gehört zu einer jüngeren Künstlergeneration, welche künstlerische Verfahren der Nachkriegsmoderne und aus diesen resultierende Werkformen aufgreift, um sie für neue Zielsetzungen zu nutzen. Geboren wurde Echakhch 1974 in El Khnansa in Marokko, aufgewachsen ist sie in Frankreich. Sie studierte in Grenoble, Paris und Lyon und lebt heute in der Schweiz. Typisch für europäische Künstler ihrer Generation sind eine auf die zeitgenössische Kunst konzentrierte Ausbildung und damit zusammenhängend ein ausgeprägtes Bewusstsein für die systemischen Eigenschaften des künstlerischen Feldes.1  Die Künstler suchen den Austausch mit Kuratoren, sind international gut vernetzt und nutzen den derzeit vor allem für zeitgenössische Kunst starken Kunstmarkt, um Arbeiten zu produzieren und weltweit sichtbar zu machen. Für diese Künstlergeneration ist die Nachkriegsmoderne ein historisches Phänomen, das sie nicht von innen kennen kann und welches ihr in vielerlei Hinsicht fremd ist. An anderer Stelle habe ich ihre Tendenz, das künstlerische Schaffen anspielungsreich in der neueren Kunst zu verorten, als „angewandten Modernismus“ bezeichnet.2  Ausgehend von dem kubanischen Künstler Felix Gonzalez-Torres (1957–1996) spricht der italienische Kunstkritiker und Kurator Alessandro Rabottini von einer Strategie der Infiltration, die auch bei Echakhch zu beobachten sei.3  Formale Referenzen repräsentieren Geschichte und Autorität, welche Künstler wie Gonzalez-Torres für eigene Anliegen nutzen wollten. Ungeklärt scheint mir bislang die Frage, ob dieses Vorgehen zu einer breiteren Wirkung zeitgenössischer Kunst im Sinne einer Durchdringung unterschiedlicher gesellschaftlicher Schichten und zu einer stärkeren geografischen Verbreitung von Kunst geführt hat. Auffallende Konstanten im bisherigen Schaffen von Echakhch sind die Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsraum und das Erproben von neuen Formen des Ausstellens sowie die Kritik am Konzept der kulturellen Identität, das sie als eine in Frankreich aufgewachsene, seit vielen Jahren in der Schweiz lebende Marokkanerin persönlich betrifft. Ihre Beschäftigung mit symbolischen Formen einer traditionellen marokkanischen Kultur sind, worauf Rabottini ebenfalls zu sprechen kommt, für Echakhch ein Mittel, um sich als Künstlerin in ihren Werken in kritischer Weise mit politischen Konzepten wie Authentizität und Herkunft zu befassen, die in den geopolitischen Konflikten der letzten Jahrzehnte von allen Seiten in oft bewusst irreführender Weise benutzt wurden.4

Der vorliegende Text diskutiert Werke der Künstlerin aus der Sammlung des Kunstmuseums Liechtenstein und wird dabei drei Aspekte vertiefen, die diesen Werken gemeinsam sind: Ihre spezifischen Eigenschaften als Ausstellungsgegenstände, die eigene Form der Auseinandersetzung Echakhchs mit dem Konzept der kulturellen Identität sowie damit zusammenhängend den „weltlichen Charakter“ ihres Werks. Auf diese Formulierung des australischen Kunsthistorikers, Kurators und Künstlers Terry Smith wird im Verlauf der weiteren Ausführungen zurückzukommen sein.5

I

Das Kunstmuseum Liechtenstein hat 2012 aus der Ausstellung „Beispiel Schweiz“, deren Ziel es war, den hohen Stellenwert von Raumkonzepten in der neueren Kunst aus der Schweiz zu thematisieren, ein erstes Werk von Echakhch für die Sammlung erworben.6 Es handelt sich um die Installation Erratum (2004/2011), die sie für die erwähnte Ausstellung im Kunstmuseum Liechtenstein im September 2011 vor Ort realisiert hatte. Erratum ist eine konzeptuelle Raumarbeit, welche die Künstlerin zuvor schon an anderen Orten ausgeführt hatte. Sie warf dabei an einer Stelle im Ausstellungsraum bunte marokkanische Teegläser – nach Farben sortiert – einzeln in die Kante zwischen Boden und Wand. In Vaduz bespielte sie eine Ecksituation eines Raums, den sie sich mit anderen Künstlern teilte. Am Anfang stand laut Echakhch die Idee des Missgeschicks: Ein Teeglas fällt zu Boden und zerbricht. Als sie die Geste mehrmals wiederholte und dabei feststellte, dass sie die Gläser werfen musste, um sie zu zerbrechen, entstand der Titel. Sie war von einem Irrtum (Erratum) ausgegangen: Die Arbeit handelt nicht von einem zufälligen Versehen, sondern ist das Ergebnis eines Prozesses kontrollierter Zerstörung. Im Zentrum des Werks steht somit eine Handlung.7  Die Referenz ist hier das Splashing Piece von Richard Serra, eine Arbeit, die der Künstler 1968 erstmals realisierte. Bekannt geworden ist jedoch die spätere Fassung von 1969 in der Kunsthalle Bern für die Ausstellung „Live in your head. When attitudes become form“, deren Ausführung der Berner Fotograf Balthasar Burkhard dokumentierte. Im Unterschied zu Serra, der kleine Mengen flüssigen, kochenden Bleis in einer zielgerichteten, aggressiven Aktion in die Kante zwischen Fussboden und Wandansatz schleuderte, wirft Echakhch die Teegläser mit leichtem Schwung und einer Armbewegung von unten in hohem Bogen in den Raum vor der Wand. Aggressivität wird bewusst vermieden. Die Gläser werden einzeln nach oben geworfen, fallen und zerbrechen beim Aufschlagen auf den Boden sowie gelegentlich auch an der Wand, an der die Glassplitter farbige Spuren hinterlassen. Bei der Ausführung in Vaduz, die der Zürcher Fotograf Peter Püntener festgehalten hat, achtete die Künstlerin auf eine gleichförmige Streuung der Scherben und setzte in diesem homogenen Scherbenteppich zugleich klare farbliche Akzente. Verwendet wurden in deutlich variierender Anzahl 13 Typen von Teegläsern, die sich in Form, Dekor und Farbe unterscheiden, insgesamt über 400 Stück. In der Liechtensteiner Fassung dominieren Blau und Orange. Die vom Kunstmuseum Liechtenstein anlässlich der Ausstellung mit Echakhch produzierte Edition ist die fotografische Wiedergabe eines Wandausschnitts aus der Installation Erratum in realer Grösse mit den Spuren, welche die an der Wand zerborstenen Gläser dort hinterliessen.

Zusammen mit dem Ankauf von Erratum gelangten zwei weitere Werke von Echakhch in die Sammlung. Towers of Babel (2010) ist ein Ensemble von fünf Türmen aus einer wiederum grösseren Gruppe von Arbeiten, die für eine Ausstellung in Tel Aviv entstand. Jeder Turm umfasst einen Satz Jenga-Spielsteine, somit jeweils 60 kleine Holzbauklötze von je 1,5 x 2,5 x 7,5 cm. Der Werktitel ist auch die Produktebezeichnung des Spiels. Eigentlich geht es in diesem Geschicklichkeitsspiel darum, möglichst hohe Türme zu bauen und wieder zu demontieren, ohne dass sie einstürzen. Die Installation Towers of Babel zeigt dagegen unterschiedliche im Voraus festgelegte Möglichkeiten des Scheiterns, da ihr Aufbau an der Erstpräsentation der Arbeit in der Dvir Gallery in Tel Aviv orientiert ist. Längst nicht alle Bausteine sind frei verfügbar, eine grössere Anzahl ist miteinander verklebt und bildet individuelle Bauelemente, deren Platz in der Installation festgelegt ist. Die Bauweise der Türme erscheint zwar modular, folgt aber einem festen Bauplan. Die Türme sind unterschiedlich hoch und bilden zusammen ein Werk, das an eine Ruinenlandschaft erinnert. Türme, so sagt man, ragen in den Himmel, doch hier sind es Miniaturen, Türme wie aus der Vogelperspektive dargestellt. Der Titel Towers of Babel evoziert ein in der europäischen Geistesgeschichte tradiertes und oft zitiertes Bild menschlicher Hybris, das Künstler aus unterschiedlichen Epochen aufgegriffen haben. Die Auslegeordnung der hölzernen Bauteile auf dem Boden des Ausstellungsraums dagegen erinnert an ein unaufgeräumtes Kinderzimmer. Gesetz und Spiel überlagern sich hier. Die Akteure sind abwesend. Die alttestamentliche Erzählung vom Turmbau zu Babel schildert, wie Gott die Fertigstellung des Turms verhindert, indem er die Sprache der Menschen verwirrt und damit die Kommunikation unter ihnen erschwert. Ohne gemeinsame Sprache, die Voraussetzung für Verständigung, war die Fertigstellung des Bauwerks nicht möglich. Der Hinweis auf die ursprüngliche Realisierung der Arbeit in Tel Aviv ist insofern von Bedeutung als Echakhch mit dem Werk auch ein Gefühl zum Ausdruck bringen wollte, das sie mit dieser Stadt verbindet. Als sie Tel Aviv erstmals besuchte, prägten sich ihr die vielen Sprachen ein, die sie im öffentlichen Raum hörte, aber auch die modernistischen, sich schnell verändernden Strassenzüge in der Weissen Stadt, einem Stadtteil, der von Architekten geplant wurde, die in den 1930er-Jahren aus Deutschland emigriert waren und in Israel im Stil des Bauhauses arbeiten konnten.8  Das Spiel ist eine Metapher für die Moderne als unerfüllte Utopie. Auch die dritte Arbeit, Frames (olive-miel-beige-vert-brun-paille) (2012), ist eine mehrteilige, zusammengesetzte Bodeninstallation. Sie umfasst sechs kleine Gebetsteppiche, die nur noch aus Bordüren und Fransen bestehen, weil die Künstlerin die geknüpfte Fläche, sozusagen den heiligen Raum, in den sich der Betende üblicherweise hineinversenken würde, aus den Teppichen herausgeschnitten hat. Aus Flächen werden Konturen, deren Farbigkeit an jene mediterraner Landschaften erinnert. Die sechs Bordüren liegen nicht einzeln im Raum, sondern bilden eine zusammenhängende lineare Anordnung mit einem leeren Zentrum.

2016 wurde der Sammlungsbestand um zwei weitere Werke von Echakhch erweitert, um die vorhandene Gruppe abzurunden und ihre Position innerhalb der Sammlung zu stärken. Still Life (Vanités) ist eine Serie von fünf kleinen Fotografien à 26,5 x 40 cm, die 2010 auf dem muslimischen Friedhof von Mediouna in Marokko aufgenommen wurden, wo Familienmitglieder der Künstlerin bestattet sind. Die Fotografien zeigen ausschnitthaft den ausgetrockneten Boden, bizarre Kolonien weisser Schnecken, verdorrte Pflanzen und herumliegende, farbige Plastikabfälle. Auf einer dieser Aufnahmen ist ein kleiner, mit einem Datum beschrifteter, unscheinbarer Stein zu erkennen. Es ist ein Grabstein und der einzige Hinweis auf den besonderen Ort, den die Bilder thematisieren. Die zweite Arbeit ist ein Gemälde aus der 2009 begonnen Serie der Dérives.

II

In einem Gespräch mit dem französischen Kunsthistoriker und Kurator Bernard Marcadé berichtet Echakhch von ihrem Interesse für scheinbar achtlos liegen gelassene Dinge, welche auf Gemälden Alter Meister, etwa von El Greco, Poussin und Velázquez, dargestellt sind, und die der Aufmerksamkeit des Betrachters leicht entgehen, weil sie wie mehr oder weniger dekorative Requisiten wirken und von dem sich vor unseren Augen entfaltenden Geschehen ablenken.9  Zugleich handelt es sich bei den von ihr erwähnten Werken um Darstellungen äusserst drastischer Situationen: El Grecos Gemälde etwa zeigt, wie die Soldaten die Kleider Jesus unter sich aufteilen. Echakhch interessiert sich für die im Bild bereits vollzogenen Handlungen, von denen die scheinbar nutzlos herumliegenden Dinge Zeugnis ablegen. Die Requisiten erlauben die Wiedergabe von eigentlich nicht als Bild darstellbaren Prozessen, was die Künstlerin fasziniert. Viele ihrer eigenen Werke, darunter die Gemälde der Serie Derives, thematisieren ebenfalls Handlungen, ohne diese zu zeigen, und zahlreiche Arbeiten, so auch Erratum, Towers of Babel und Frames aus der Sammlung des Kunstmuseums Liechtenstein, sind zudem Bodenstücke. Der Blick des Betrachters wird dabei nicht nach oben oder geradeaus auf die Wand, sondern nach unten auf den Boden des Ausstellungsraums geführt. Die verwendeten Gegenstände verweisen in vielen Fällen auf gewöhnliche, alltägliche Situationen und eine häusliche Umgebung. Nicht nur in Echakhchs eigenem Schaffen ist der Boden ein bevorzugter Ort der künstlerischen Intervention: Die horizontale Fläche, auf der wir uns in einem Museum, in einer Galerie oder auf einem öffentlichen Platz bewegen, spielt in der neueren Kunst seit den 1960er-Jahren als Arbeits- und Ausstellungsfläche generell eine zentrale Rolle. Welche Folgen aber hatte der Einbezug der Bodenfläche für die Wahrnehmung des Kunstwerks, welche Bedeutung hatte sie für die Künstler und vor allem: Wie nutzt Latifa Echakhch die veränderte Perspektive auf das Werk in ihrem Schaffen?

III

Der US-amerikanische Kunstkritiker und Künstler Brian O’Doherty hat in seinen in den 1970er-Jahren verfassten Schriften zum White Cube dargelegt, wie die Künstler im 20. Jahrhundert zunächst die Wand und danach den Raum in ihre Werkkonzeption integrierten.10  Das Ausstellen wurde zu einem genuinen Bestandteil der künstlerischen Arbeit. Das Ergebnis war Installationskunst: Ausstellung und Werk in einem.11  Über den Boden als Thema oder als Trägermedium der neueren Kunst dagegen äusserte sich O’Doherty kaum, obschon dies seine Analyse des Werkbegriffs der Moderne und insbesondere sein Interesse für den französischen Bildhauer Constantin Brancusi nahelegen würden. Brancusi habe den Boden zu einer „eigenständigen ästhetischen Zone“ gemacht, indem er die Skulptur direkt auf den Boden brachte, schreibt O’Doherty in seinem viele Jahre nach seinen Texten über den White Cube erschienenen Essay „Atelier und Galerie / Studio and Cube“ (2012).12  Erst O’Dohertys eigene Generation, allen voran der US-amerikanische Künstler Carl Andre, zog die Konsequenzen dieses Schritts auch in der künstlerischen Praxis. Ein Kunstwerk ohne Sockel direkt auf dem Boden auszustellen ist das eine, die Bodenfläche, wie von Andre vorgeschlagen, als betretbaren Ort zu thematisieren etwas ganz anderes. In einem Interview mit dem Kunsthistoriker und Kunstkritiker Phyllis Tuchman sagt Andre 1970: „In einem bestimmten Masse gehen alle meine Werke von einem Betrachter aus, der sich an ihnen entlang oder um sie herum bewegt. […] Das ist letztlich ein Gefühl für Massstab – das Gegenteil von dekorativen Tischskulpturen. […] Meine Vorstellung von einem Ort der Skulptur ist die Strasse. Und zwar weil eine Strasse sich nicht an einem bestimmten Punkt oder von einem bestimmten Punkt aus offenbart. Strassen tauchen auf und verschwinden wieder. Wir reisen auf oder neben ihnen. Aber es gibt keine spezifische Perspektive auf eine Strasse, nur eine der Bewegung, der Fortbewegung.“13 Yasmil Raymond folgert in diesem Sinne: „[…] die Erfahrung von Kunst ist eine Verschiebung, das Überschreiten einer Schwelle, eines Pfades, die uns dazu einlädt, die Vertikalität unseres Körpers im Gegensatz zum Boden zu untersuchen.“14

Die Thematisierung horizontaler Flächen und die damit einhergehende Abkehr von der Wand in der Nachkriegskunst fallen mit einer neuen Auffassung von Produktion zusammen, welche die herkömmliche Atelierarbeit abgelöst hatte. Brancusi, für den sein Atelier sowohl Lebens- und Arbeitsort als auch Ausstellungsraum und Museum in einem war, ist in diesem Zusammenhang insofern von grosser Bedeutung als sich sein bildhauerisches Œuvre auch ausdrücklich mit der Sockelfrage befasst. Die vielen Fotografien, die Brancusi von seinem Atelierraum und den darin ausgestellten Skulpturen machte, zeigen, wie sich die Präsentationsform seiner mehrteiligen Werke ständig veränderte und wie der Künstler dabei nicht nur die eigenen Skulpturen unterschiedlich wahrnahm, sondern auch den Raum selbst mehr und mehr als Bestandteil seiner Werke auffasste.

Die Idee von der „Skulptur als Platz“, wie Carl Andre sie versteht, hat in Brancusi ihren historischen Ausgangspunkt, wird nun aber ausserhalb des Ateliers und als öffentlicher Raum thematisiert. 1971 beauftragte Andre einen Fotografen in New York, kleine Baustellen und herumliegendes Material zu fotografieren, und publizierte diese Bilder im folgenden Jahr anstelle eigener Arbeiten.15  Zuvor, 1969, hatte der US-amerikanische Künstler Robert Morris einen für die neue Auffassung von Skulptur wegweisenden Text veröffentlicht, in dem er von seiner Beobachtung spricht, dass handwerkliche und industrielle Produktionsstätten aus der Stadt in die Vororte verlagert und damit der Wahrnehmung entzogen werden: „Es ist interessant festzustellen, daß Baustellen in einer urbanen Umwelt zu kleinen Freilufttheatern werden – zu den einzigen Orten, wo Rohmaterialien und ihre Umwandlung sichtbar sind, und zu den einzigen Orten, wo man Zufallsanordnungen duldet.“16  Andres Spill (Scatter Piece) aus dem Jahr 1966, das Echakhch besonders interessiert, weil darin das Spielerische und der Zufall wichtig sind, „besteht aus einer kleinen Reisetasche, die mit etwa achthundert kleinen, rechteckigen Kunststoffblöckchen von gelblicher Farbe prall gefüllt ist. Zur Ausführung der Arbeit soll der Inhalt der Tasche einfach auf dem Boden verstreut werden. Bei diesem gestreuten Zufall folgen die einzelnen Teile der Schwerkraft, verteilen sich lose am Boden und besetzen so den Raum. Die chaotische Struktur der Verstreuung weist keine erkennbaren Grenzen auf, denn sowohl die Markierung im Raum als auch die zeitliche Dauer der Konstellationen sind instabil. Die nur wenige Zentimeter hohe Arbeit markiert ein räumliches Feld und materialisiert auf einfache Weise Andres Konzept einer ‚Skulptur als Platz‘, die Erzeugung eines Ortes durch die raumgreifende Präsenz des Materiellen.“17  Die Künstler benutzten den Boden damals als Ausstellungsfläche, um Material auf vielfältige Wese in situ zu inszenieren. Stark relativiert wurde damit die Bedeutung des Ateliers als Arbeits- und persönlicher Rückzugsort.

IV

Der US-amerikanische Bildhauer Richard Serra, dessen Splashing Piece Echakhch in ihrer eigenen Arbeit evoziert, spielte in dieser Entwicklung eine zentrale Rolle. Serra wurde 1939 als Kind europäischer Einwanderer in San Francisco geboren. 1968 begann die Zusammenarbeit mit der Galerie von Leo Castelli. Es entstanden die ersten Arbeiten aus gegossenem und geschmolzenem Blei. 1969 nahm Serra mit Carl Andre, Michael Asher, Lynda Benglis, Bill Bollinger, John Duff, Rafael Ferrer, Robert Fiore, Philip Glass, Eva Hesse, Neil Jenney, Barry Le Va, Robert Lobe, Robert Morris, Bruce Nauman, Steve Reich, Robert Rohm, Robert Ryman, Joel Shapiro, Michael Snow, Keith Sonnier und Richard Tuttle an der Ausstellung „Anti-Illusion: Procedures/Materials“ im Whitney Museum of American Art in New York teil. Viele dieser Künstler waren daran interessiert, ein grundsätzlich neues Verhältnis zu Material, Form und Werk aufzubauen. Es versteht sich eigentlich von selbst, dass dies auch Konsequenzen haben musste für ihre Auffassung von der Platzierung einer Arbeit im Raum. Serra, heisst es im Katalog zur erwähnten Ausstellung, sei an den stofflichen Eigenschaften von Material interessiert. Metall werde verbogen, auseinandergeschnitten, eingeschmolzen, gerollt. Er vermeide jede Aktivität, die zu Ergebnissen führen und somit als Darstellung („Repräsentation“) oder Illusion interpretiert werden könnte. Ihn interessiere die maximale Transformation eines Materials.18  Seine Bleiarbeiten seien ebenso „ausgestellte Handlung“ wie „ausgestellte Skulptur“.19  Indem der Künstler das Material direkt vor Ort einsetzte, manipulierte er den Stoff, aus dem seine Arbeit besteht, zugleich aber transformierte er auch den Ort, an dem er arbeitete, und hinterliess eine Skulptur.

Serras The Encircle Base Plate Hexagram, Right Angles Inverted (1970) war eine zeitlich befristete Installation in der Bronx, New York. Ein kreisförmiges Stahlband wurde in den Asphalt einer Strasse eingelassen. Es handelte sich um eine Sackgasse in einem relativ vernachlässigten Quartier. Ausser Autowracks und leerstehenden Gebäuden gab es, wie Serra damals in einem Interview mit dem US-amerikanischen Kunsthistoriker Douglas Crimp sagte, nicht viel zu sehen, erst recht gab es hier kein Publikum für die Arbeit.20  Wichtig war das Werk für ihn, weil es drei Aspekte thematisierte, die bedeutsam bleiben sollten: Kontext („Wo befindet sich die Arbeit?“), Publikum („Wen betrifft die Arbeit?“) und Eigentum („Wem gehört eine Arbeit im öffentlichen Raum und wem gehört der öffentliche Raum?“). Obschon das Werk mit einem Durchmesser von 7,90 m sehr gross war, konnte man es auf der Strasse aus der Entfernung nicht sehen. Erst wenn man davor oder gar in dem Kreis stand, zeigte sich sein Umfang. Am Ende der Sackgasse gab es ein Treppe, von der aus die Skulptur als Zeichen wahrnehmbar wurde, als ob der Kreis auf den Asphalt gemalt worden wäre. Diese Bildhaftigkeit missfiel Serra, weil er an Materialität und Erfahrung interessiert war, nicht aber am Bild. Skulptur sollte den Betrachter körperlich berühren und ihm eine Erfahrung in der Zeit ermöglichen, keinesfalls aber an Malerei oder Bildhaftes erinnern. Eine wesentliche Eigenschaft von Serras Werken ist in der Tat, dass sie als Ganzes nicht gesehen werden können, sondern vielmehr eine Situation schaffen, die eine körperliche und zeitliche Erfahrung ermöglichen. Man könnte überspitzt sogar sagen, dass er seinen Skulpturen bewusst keine visuelle Qualität gibt. Der künstlerische Eingriff betrifft hauptsächlich die räumliche Strukturierung, nicht die Gestaltung des Objekts oder die Wahl und Verarbeitung des Materials.

V

O’Doherty deutete in den 1970er-Jahren die Kunst der Nachkriegsmoderne mit ihren experimentellen, nicht selten installativen Werkformen als eine, die sich gegen die Dominanz der Malerei und gegen den White Cube richtete.21  Dagegen ist das bildhafte Verständnis selbst installativer Werke bei Echakhch evident: Sie benötigt den White Cube für ihr Schaffen nicht, doch ihre liegenden Werke, die im Zentrum unserer Überlegungen stehen, kritisieren ihn auch nicht. Das liegende Werk schliesst für sie (und ihre Generation) das hängende Werk nicht aus, wie dies noch in den 1960er-Jahren der Fall war. Ähnlich verhält es sich mit dem Bezug auf Vorbilder aus der Kunstgeschichte. Echakhch spielt mit dem vielfältigen Rezeptionsverhalten des heterogenen Publikums von heute. Sie wendet sich anspielungsreich an die kennerschaftliche Wahrnehmung, betont dabei aber die produktionsästhetischen Aspekte ihrer Arbeit, die auch für jene aufschlussreich und interessant sind, die sich in der neueren Kunstgeschichte nur bedingt auskennen. Echakhch nutzt Werke wie das Splashing Piece von Richard Serra oder Spill (Scatter Piece) von Carl Andre als Resonanzraum für eigene Arbeiten, doch ihre Werke haben, wie dargelegt, andere Zielsetzungen. Zu beobachten ist das Entstehen eines neuen Bewusstseins für die Bedeutung historischer Prozesse. Gerade unter jenen Künstlern, die in ihren Arbeiten gezielt zahlreiche Referenzen aufrufen, dürften jene zu finden sein, die, um mit dem britischen Philosophen Richard Wollheim zu sprechen, „die Entstehungsgeschichte eines Kunstwerks für dessen Identität als relevant“ erachten.22  In seinen Vorlesungen über den französischen Maler Edouard Manet aus den Jahren 1998–2000 am Collège de France in Paris entwickelt Pierre Bourdieu einen Zugang zur Kunstgeschichte, der diesem Aspekt Rechnung trägt. Der französische Soziologe lässt den Leser an seinem Gedankengang teilhaben, der nicht nur seine Begeisterung für die Malerei Manets zum Ausdruck bringt und diese an einzelnen Gemälden erläutert, sondern auch immer wieder die Frage nach den „sozialen Bedingungen der Möglichkeit von Manet“ in den Raum stellt. Bourdieu zeigt und besteht darauf, dass Form und Bedeutung von Manets Malerei nur vor dem Hintergrund des gesamten kulturellen Feldes entstehen konnten und verständlich werden.23

„Marokkanische“ Teegläser aus chinesischer oder koreanischer Produktion, die in Paris gekauft und von Echakhch in Liechtenstein als künstlerisches Material verwendet wurden, erzählen eine andere Geschichte als in der Wandkante erstarrtes Blei. Diese Geschichte handelt von einer behaupteten oder sogar gefälschten kulturellen Identität, die buchstäblich in Scherben liegt. Während Serra sein Splashing Piece untrennbar mit dem Ort verbunden hat, schafft Echakhch instabile, zeitlich befristete, theatralische Situationen. Dazu passt auch, dass die aus einer performativen Handlung entstandene Bodeninstallation Erratum mit den vorhandenen Scherben reinszeniert werden kann. Für jede Reinszenierung wird neben den Scherben eine kleine Anzahl von neuen Gläsern benötigt, um Akzente zu setzen und die Installation, so die Künstlerin, aufzufrischen.24  Echakhch bezieht sich in einigen ihrer Werke auf grosse (männliche) Gesten aus der neueren Kunstgeschichte, nicht nur auf Carl Andre und Richard Serra, sondern auch auf Werkentwürfe etwa von Yves Klein und Le Corbusier, um diese Bilder mit einem Anflug von Ironie und latenter Aggression zu brechen und zugleich inhaltlich, d.h. hier: kulturell neu zu codieren. Ähnliches wurde schon über die Arbeit Waterloo der jungen britischen Künstlerin Anya Gallaccio gesagt, welche diese 1988, genau zwei Jahrzehnte nach Serras erstem Splashing Piece, in der von Damien Hirst organisierten Ausstellung „Freeze“ in einem der alten Lagerhäuser in den Londoner Surrey Docks ausführte. Gallaccio goss auf eine Teilfläche des Hallenbodens eine dünne Bleischicht. Während Serra kleine Mengen des heissen, flüssigen Bleis mit grosser Kraft an einer bestimmten Stelle gegen die Wand geworfen hatte, wählte Gallaccio ein Vorgehen, das es ihr ermöglichte, die Zeit zu dehnen und das Material nicht wie Serra zu konzentrieren, sondern zu verteilen. Mit den 1000 kg Blei, die sie vor Ort erhitzte, bedeckte sie eine rechteckige Fläche des Bodens in einem zeitintensiven Arbeitsprozess mit einer dünnen Haut. Gallaccio war zwar ebenfalls von Künstlern wie Serra, Andre oder Robert Smithson fasziniert, weil sie deren poetische, teils auch, wie sie in einem Gespräch mit Clarrie Wallis 2013 betonte, theatralische Handhabung von Material interessierte, doch Serras Splashing Piece kannte sie zu dieser Zeit angeblich noch nicht.25  Die nachfolgende Generation, der auch Latifa Echakhch angehört, arbeitet bewusst mit der phänomenologischen Ähnlichkeit.26  Es ist kein Zufall, dass sich Echakhch vor allem auf raum- und architekturbezogene künstlerische Werke von Künstlern westlicher Industrienationen bezieht, denn mit ihrer Neuinterpretation von Haltungen, Methoden und Werkvorschlägen untersucht sie, wie Raum, Kultur und Macht nach der wirtschaftlichen Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte zusammenhängen könnten.

VI

Was ich damit meine, ist das, was Terry Smith vielleicht im Sinn hat, wenn er vom „weltlichen Charakter“ der Gegenwartskunst spricht und damit zum Ausdruck bringt, dass diese stets sowohl lokale und regionale als auch internationale Dimensionen habe.27 „Das zeitgenössische In-der-Welt-sein“, so fasst die deutsche Philosophin Juliane Rebentisch Smiths These zusammen, sei „indes nicht nur von der Überlagerung unterschiedlicher kultureller und sozialer Milieus, Traditionen und Produktionsverhältnisse und den zwischen ihnen entstehenden Widersprüchen bestimmt, sondern ebenso von der Erfahrung eines engen Nebeneinanders von Differenzen sowie von einem durch diese Differenzerfahrung vermittelten Bewusstsein von einer gleichwohl geteilten Zeit, einer Con-Temporalität“.28 Smith spricht von „Zeitgenossenschaft“, die eine bewusst „planetare“ Perspektive der Menschen auf die Welt einfordere. In seinem Modell des Zivilisationsprozesses folgt dieses neue Bewusstsein auf die Globalisierung, deren Ergebnis, wie Hans Belting es formulierte, eine „technische Weltzivilisation“ ist.29 Die aktuelle Situation der zeitgenössischen Kunst unter zeitgenössischen Bedingungen beschreibt Smith als multipolar. Übersetzen und Verstehen von künstlerischen Sprachen, Ausdrucksformen, Wertesystemen und Zeichen haben unter diesen Bedingungen auch in künstlerischen Prozessen einen hohen Stellenwert. Die These des US-amerikanischen Philosophen Arthur C. Danto, wonach sich ein Kunstwerk von einem alltäglichen Gegenstand nicht durch seine visuelle Erscheinung unterscheidet, sondern allein dadurch, dass es im Kontext der Kunst („artworld“) tatsächlich auch wahrgenommen und interpretiert wird, ist nicht nur längst allgemein akzeptiert, sondern bildet auch eine Voraussetzung für den starken, weltumspannenden Kunstmarkt, der nationale wie kulturelle Grenzen überwindet.30 Zugleich wird diese Definition von Kunst, welche Fragen nach Qualität und Inhalt auszuklammern erlaubt, durch viele Künstler inzwischen infrage gestellt. Es geht heute nicht mehr nur um die Teilhabe an einer gemeinsamen Sprache, die es ermöglicht, unter bestimmten Bedingungen irgendeinen Gegenstand oder Diskurs als Kunst zu bezeichnen, wahrzunehmen und in Umlauf zu bringen, sondern auch darum, als Künstler an der Welt teilzuhaben und, um eine Formulierung von Pamela M. Lee zu verwenden, Form als „prägend“ innerhalb der Dynamik der Globalisierung zu verstehen.31

Dies führt noch einmal zurück zu Latifa Echakhch und zu ihrem stilistisch und medial breit angelegten künstlerischen Schaffen. Ihre Praxis ist dialogisch, nicht spekulativ. Ein Befund, den meine Besprechungen der Arbeiten in der Sammlung des Kunstmuseums Liechtenstein nachvollziehbar machen sollten. Das Werk greift weit in unterschiedliche Richtungen aus, thematisiert Fragen der kulturellen Identität, untersucht Authentizität, befragt Autorschaft und ist voller Aneignungen, Anleihen und Anspielungen, durch die sich die Arbeit in Zeit und Raum präzise lokalisieren lässt. 2009 malte die Künstlerin die ersten Gemälde einer Serie mit dem Titel Derives. Die Pariser Situationisten um Guy Debord verstanden unter dem Begriff dérive das ziellose Umherschweifen im Stadtraum. Die Serie entsteht fortlaufend in Etappen, als work in progress im Atelier. Mehrere Leinwände gleichen Formats werden jeweils aufgereiht, um als eine einzige Fläche von der Künstlerin bearbeitet zu werden. Die letzte Leinwand der Reihe bildet den Ausgangspunkt für die Fortführung des malerischen Prozesses zu einem späteren Zeitpunkt, wobei die Serie von rechts nach links weitergeführt wird.32 Das dialogische Prinzip der Arbeit wird als randabfallendes Liniennetz sichtbar, das alle Gemälde der Serie, deren Anzahl theoretisch unbegrenzt wäre, mit- und untereinander verbinden wird. Das geometrische, rein lineare Muster in schwarzer Farbe folgt einem klassischen islamischen Ornament, das in Architektur und Kunsthandwerk Anwendung findet, aber als solches bei Echakhch nie realisiert wird. Das geometrisch konstruierte Ornament basiert auf einem 16-strahligen Stern und kann durch Spiegelsymmetrie in alle Richtungen unendlich erweitert werden. Echakhch hält sich allerdings nicht an die Konstruktionsregeln, sondern arbeitet mit irregulären Formen. Die Linien entwickeln auf der Malfläche ein Eigenleben analog zur ziellosen Erkundung der Stadt im Situationismus. Die Abweichung von der angelegten Ordnung durch die Veränderung der Winkel ist Programm und strukturiert den bildnerischen Prozess. Anstelle des überlieferten Ornaments, das von Leinwand zu Leinwand kopiert werden könnte, entstehen verwandte, aber dennoch individuelle Muster, die sich nie wiederholen. Jedes Gemälde ist künstlerisch ein autonomes Werk und zugleich in seiner jeweiligen Form das Fragment einer in sich kohärenten, vielteiligen Arbeit. Da die Gemälde auf verschiedene Standorte verstreut sind, ist das Netz, das sie als Serie darstellen und bilden, zerrissen. Die im Ornament überlieferte kulturelle Ordnung wird im bildnerischen Prozess aufgehoben und mit jedem weiteren Gemälde transformiert, ohne sich je wieder zu einer neuen Ordnung zu verfestigen.

Erstveröffentlichung in: Roman Kurzmeyer, Latifa Echakhch, Kat. Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz 2016.
Lektorat: Barbara Delius

  1. Vgl. Pierre Bourdieu, Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes, Frankfurt am Main 1999, v.a. S. 449–489.
  2. Roman Kurzmeyer, „Angewandter Modernismus“, in: artcollector. The Gallery Leader, 1, 2010, S. 18–25.
  3. Alessandro Rabottini, „Soiling History“, in: Latifa Echakhch, hg. von Florence Derieux, Ausst.-Kat. Kunsthalle Fridericianum, Kassel 2009, Bielefelder Kunstverein, 2009, FRAC Champagne-Ardenne, Reims 2010, GAMec-Galleria d’Arte Moderna e Contemporanea, Bergamo 2010, Zürich 2013, S. 38.
  4. Ebd.
  5. Terry Smith, „Contemporary Art. World Currents in Transition Beyond Globalization“, in: Hans Belting, Andrea Buddensieg und Peter Weibel (Hg.), The Global Contemporary and the Rise of New Art Worlds, Karlsruhe u.a. 2013, S. 186–192.
  6. Beispiel Schweiz. Entgrenzungen und Passagen als Kunst, hg. von Roman Kurzmeyer und Friedemann Malsch, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz 2011, Ostfildern 2011.
  7. Auskunft von Latifa Echakhch, 12. Februar 2016.
  8. Auskunft von Latifa Echakhch, 22. April 2016.
  9. „The Ghost and the Jasmine: Latifa Echakhch in conversation with Bernard Marcadé“, in: Latifa Echakhch, Ausst.-Kat. Galerie Kamel Mennour, Paris 2012, S. 28–37.
  10. Brian O’Doherty, In der weissen Zelle / Inside the White Cube, Berlin 1996, S. 8–9.
  11. Vgl. weiterführend Juliane Rebentisch, Ästhetik der Installation, Frankfurt am Main 2003, S. 262ff.
  12. Brian O’Doherty, Atelier und Galerie/Studio and Cube, Berlin 2012, S. 82.
  13. „All my works have implied, to some degree or another, a spectator moving along them or around them. […] This is really a sense of scale – it’s the opposite of coffee table size sculptures as jewelry. […] My idea of a place of sculpture is a road. That is, a road doesn’t reveal itself at any particular point or from any particular point. Roads appear and disappear. We either have to travel on them or beside them. But we don’t have a single point of view for a road at all, except a moving one, moving along it.“ Carl Andre, zit. nach Yasmil Raymond, „A Theory of Proximity“, in: Carl Andre: Sculpture as Place, 1958–2010, hg. von Philippe Vergne und Yasmil Raymond, Ausst.-Kat. Dia:Beacon, New York 2014, Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid 2015, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Berlin 2016, Musée d’Art moderne de la Ville de Paris 2016/17, New York/New Haven 2014, S. 252.
  14. „[…] the experience of art is a displacement, the crossing of a threshold, a path, whereby we are invited to examine the verticality of our bodies in opposition to the ground.“ Ebd., S. 252.
  15. Vgl. den Hinweis auf Grégoire Müllers Publikation The New Avant-garde. Issues for the Art of the Seventies (1972) mit den Fotografien Carl Andres in: Dietmar Rübel, Plastizität: Eine Kunstgeschichte des Veränderlichen, München 2012, S. 240.
  16. Robert Morris, „Anmerkungen über Skulptur IV: Jenseits der Objekte“, in: Charles Harrison und Paul Wood (Hg.), Kunsttheorie im 20. Jahrhundert. Künstlerschriften, Kunstkritik, Kunstphilosophie, Manifeste, Statements, Interviews, Ostfildern 1998, S. 1061–1066.
  17. Rübel 2012 (wie Anm. 15), S. 213.
  18. Marcia Tucker, „Anti-Illusion: Procedures/Materials“, in: Anti-Illusion: Procedures/Materials, Ausst.-Kat. Whitney Museum of American Art, New York 1969, S. 34–35.
  19. James Monte, „Anti-Illusion: Procedures/Materials“, in: Ebd., S. 5–6.
  20. Douglas Crimp, „Serras öffentliche Skulptur: Ortsbezogenheit neu definiert“, in: Richard Serra, hg. von Ernst-Gerhard Güse, Ausst.-Kat. Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster 1987, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München 1987, Kunsthalle Basel 1988, Stuttgart 1987, S. 34–35.
  21. Brian O’Doherty, „Installations“, in: Shamita Sharmacharja (Hg.), A Manual for the 21st Century Art Institution, London 2009, S. 26–30.
  22. Richard Wollheim, „Sind die Identitätskriterien, die in den verschiedenen Künsten für ein Kunstwerk gelten, ästhetisch relevant?“, in: Reinold Schmücker (Hg.), Identität und Existenz. Studien zur Ontologie der Kunst, Paderborn 2003, S. 81.
  23. Pierre Bourdieu, Manet. Eine symbolische Revolution. Vorlesungen am Collège de France 1998–2000, Berlin 2015, S. 378.
  24. Integraler Bestandteil des Werks ist ein Set mit 13 sich in Form, Dekor und Farbigkeit voneinander unterscheidenden Teegläsern, die in unterschiedlicher Anzahl bei der Realisierung der Arbeit von der Künstlerin verwendet wurden. An diesem Master hat sich der Erwerb neuer Gläser, die für zukünftige Reinszenierungen benötigt werden, zu orientieren. Am 29. August 2012 wurde die Arbeit von Latifa Echakhch in Vaduz neu installiert, dabei wurde nicht nur das Vorgehen dokumentiert, sondern auch festgehalten, was bei weiteren Aufführungen des Werks ohne Beteiligung der Künstlerin zu berücksichtigen ist.
  25. „Dust Bunnies and Coffee Stains: Anya Gallaccio in conversation with Clarrie Wallis“, in: Anya Gallaccio, London 2013, S. 234–235.
  26. Zur Problematik der phänomenologischen Ähnlichkeit vgl. Yve-Alain Bois, „On the Uses and Abuses of Look-alikes“, in: October, 154, Herbst 2015, S. 127–149.
  27. Smith 2013 (wie Anm. 5).
  28. Juliane Rebentisch, Theorien der Gegenwartskunst zur Einführung, Hamburg 2013, S. 185–186.
  29. Hans Belting, „Der Ort der Bilder II. Ein anthropologischer Versuch“, in: Ders., Bild-Anthropologie. Entwürfe für eine Bildwissenschaft, München 2001, S. 60.
  30. Vgl. dazu Arthur C. Danto, Das Fortleben der Kunst, München 2000, S. 35–36.
  31. Pamela M. Lee, Forgetting the Art World, Cambridge (MA)/London 2012, S. 25.
  32. Die Serie umfasst derzeit 61 Gemälde und soll weitergeführt werden. Auskunft von Latifa Echakhch, 5. Mai 2016.

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