Vanessa Safavi – Der Tanz, 2013 – Foto: David Aebi
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Vanessa Safavi – Der Tanz, 2013 – Foto: David Aebi
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Vanessa Safavi – Der Tanz, 2013 – Foto: David Aebi
Vanessa Safavi – Der Tanz, 2013 – Foto: David Aebi
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Vanessa Safavi – Der Tanz, 2013 – Foto: David Aebi

Die feine und ergreifende Intervention von Vanessa Safavi in Amden schliesst an ihre Ausstellung I Wish Blue Could Be Water (2012) im CRAC Alsace in Altkirch (F) an. Eine ihrer dort zu sehenden Installationen trug den Titel Each Colour Is A Gift For You und umfasste 17 Wellensittiche und Kanarienvögel, von denen die meisten auf dem Rücken liegend, einzeln oder in kleinen Gruppen im Winkel zwischen Boden und Wand ausgestellt waren. Zu sehen waren faszinierend schöne, allerdings leblose, für die Ausstellung präparierte Tierkörper von eindrücklicher Präsenz. Diese exotischen, ursprünglich wild lebenden Vögel wurden schon vor Jahrhunderten domestiziert und werden seither auch fern ihrer Heimat gezüchtet und als Haustiere gehalten. Sie sind im Westen schon lange heimisch geworden, leben hier aber bis heute nicht in der freien Natur, sondern ausschliesslich in Volieren und Käfigen. 

Each Colour Is A Gift For You ist eine jener Arbeiten im Werk Safavis, die Aspekte des Exotismus thematisieren, der in der westlichen Kultur seit dem 19. Jahrhundert einen hohen Stellenwert hat. Die Auseinandersetzung der Künstlerin mit Primitivismus, Art Brut und Modernismus ist in demselben Zusammenhang zu sehen. Safavi spricht von ihrem Werk als einer Arbeit über das Unbewusste unserer Zivilisation und greift auf diese Themen zurück in dem Wissen, dass und letztlich weil sich schon die Kunst der frühen Moderne mit ihnen befasst hat. Sie ist nicht an den Utopien und den Obsessionen der Moderne selbst interessiert, sondern an den verblassenden, uns fremd gewordenen Bildern dieser das 20. Jahrhundert als Epoche bestimmenden und auch erschütternden Ideen. Wie schon in Altkirch verwendete Safavi auch für ihre Ausstellung am Walensee Vogelpräparate, um Fragen zu reflektieren, die, in ihren eigenen Worten, von verfehlten Utopien handeln. In dieser Ausstellung sind es drei Papageien (Platycercus elegans oder Pennantsittich), die wiederum liegend gezeigt sind, einer im Obergeschoss, auf der Heubühne des Weidgadens, die beiden anderen, symmetrisch aufeinander bezogen, auf dem schmutzigen Stallboden des Erdgeschosses. Der Pennantsittich stammt ursprünglich aus dem Osten Australiens, wo er die feuchten, hoch gelegenen Küstengebirge bewohnt. Er zählt zu den beliebten und leicht zu haltenden Vogelarten. Deutlicher als in Altkirch wird in dieser Installation die inhaltliche Ambivalenz der kardinalrot und marienblau gefiederten Vogelkörper thematisiert. Zu sehen sind Vogelpräparate – für diese Ausstellung hergestellt von dem namhaften Präparator Christian Schneiter –, die, wie die Künstlerin betont, den Vogel in einem artifiziellen Moment der Inaktivität darstellen. Dieser offene Zustand zwischen Schlaf, Ruhe und Tod, in dem die Zuchtvögel gezeigt werden, ermöglicht es, in Verbindung mit dem Thema des Fremden, Wilden und Freien, nach der Bedeutung und dem Sinn dieser aus Tierkörpern gebildeten Installation zu fragen. Fotografien der Ausstellung vermögen in diesem Fall nicht wiederzugeben, was vor Ort zu sehen und zu erfahren war und welche Erzählungen evoziert wurden, weil die zweidimensionale Abbildung die Aufmerksamkeit auf Aspekte lenkt, die an Stillleben erinnern. Nicht zuletzt entsteht diese Ambivalenz durch den Ausstellungsort selbst, der vor langer Zeit für die Unterbringung von Tieren gebaut wurde, die sichtbar belassenen Spuren dieser ehemaligen Nutzung sowie die Natur, welche Teil der Installation ist: Ein Luftzug bewegt die herumliegenden Strohhalme, das einfallende Sonnenlicht bringt die intensiven Farben des Gefieders zum Leuchten. Die Landschaft über dem Walensee erscheint für einen Augenblick als möglicher Lebensraum dieser Vögel: Als hätten sich die Papageien, eigentlich nur mehr die Bilder ihrer selbst, eben erst hierher verirrt; man kann nicht mit Sicherheit behaupten, sie seien hier fehl am Platz, fremd vor Ort. In dieser Fiktionalisierung einer realen Situation sehe ich die von Safavi in einem Gespräch erwähnte Verwandtschaft dieser Arbeit mit der Installation Untilled (2011/12) von Pierre Huyghe auf der dOCUMENTA (13) in Kassel und der Performance Catching octopus with self-made ceramic pots (2003) von Shimabuku. 

– Roman Kurzmeyer 

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