Atelier Amden

Die Berggemeinde Amden am Walensee (Schweiz) war Anfang des 20. Jahrhunderts ein Ort des gesellschaftlichen und des künstlerischen Experiments, über den damals in den Feuilletons der deutschsprachigen Zeitungen lebhaft und kontrovers berichtet wurde. Die Geschichte der 1903 gegründeten, lebensreformerischen Siedlung Grappenhof und jene des Künstlerkreises um den Berner Maler Otto Meyer-Amden (1885–1933), der nach Abbruch des Siedlungsversuchs 1912 in Amden zusammenfand, erzähle ich in meinem 1999 erschienenen Buch Viereck und Kosmos. Die Publikation bildete den Anlass für eine Ausstellung im Kunsthaus Glarus sowie auf dem ehemaligen Siedlungsgelände in Amden. In dieser Ausstellung in der spektakulären Landschaft über dem Walensee waren historische Dokumente und ortsbezogene künstlerische Arbeiten von Anya Gallaccio, Katharina Grosse und Anselm Stalder zu sehen.

Die Ausstellungsreihe im Landschaftsraum von Amden ermöglicht Künstlerinnen und Künstlern in dieser kultur- und kunstgeschichtlich bedeutsamen und topografisch unverwechselbaren Landschaft die Realisierung situationsspezifischer Projekte und dem Publikum eine individuelle, kontemplative Rezeption der Ausstellungen.

Situationsspezifisch in Amden ist im Unterschied zum gängigen Ausstellungsraum die sichtbare und erlebbare Präsenz der atmosphärischen Kräfte (Sonne, Wind, Regen, Schnee), der Landschaft und ihrer Vegetation – teilweise landwirtschaftlich genutzt, teilweise Natur –, sowie der frei lebenden Tiere. Es sollen Künstlerinnen und Künstler berücksichtigt werden, die die Natur als Medium der künstlerischen Arbeit auffassen. Nicht im Sinne einer nostalgischen, romantisierenden Hommage an die Natur, sondern um deren (gestalterischen) Kräfte zu thematisieren und zu zeigen. Daraus resultieren vermutlich weniger ausstellbare Werke als vielmehr Prozesse, Untersuchungen, Handlungen und Experimente, die momentan erfahren werden oder die zu einem späteren Zeitpunkt in konservierter Form und an anderem Ort unser Nachdenken über künstlerische Methoden der Wahrnehmung anregen können.

Top